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Mo 02.11.2015

ULF WADENBRANDT

Dirigent. Outlaw. Visionär.

Im Gespräch mit... Ulf Wadenbrandt, schwedischer Dirigent, bekannt durch seine Pop- und Rock Konzerte, der nun erstmals auf die Heavy Metal Band ARIA trifft.

ULF WADENBRANDT

Dirigent. Outlaw. Visionär.

ULF WADENBRANDT ist einer der bekanntesten Dirigenten in Europa. Er ist für seine symphonischen Pop- und Rockkonzerte bekannt. Er hat bereits mit vielen Größen wie Susan Boyle, Loreen, Elena Paparitzou, Robert Wells, E-Type und Agnes Carlson zusammengearbeitet. Mit einer unglaublichen Leichtigkeit zwischen den Musikrichtungen zu wechseln, sei es auf der Bühne oder bei der kreativen Zusammenarbeit im Studio setzt Ulf mit seiner Kühnheit neue musikalische Maßstäbe und zeigt wozu ein Symphonie-Orchester in der Lage ist. Seine Konzerte haben eine erstaunliche Atmosphäre, magisch wäre der richtige Ausdruck. Er zieht Orchester, Künstler und das Publikum in seinen Bann und begeistert alle gleichermaßen. Seine Shows sind immer ausverkauft und wer einmal mit ihm gearbeitet hat, will es immer wieder.

Trotz seines vollen Terminkalenders, fand er Zeit, um einige Fragen zu dem auch für ihn besonderen Zusammentreffen und der erstmaligen Zusammenarbeit mit der Heavy Metal Band ARIA, die dieses Jahr im November 30-jähriges Bestehen feiert, zu beantworten. Das am 29. November stattfindende "Classical ARIA Rebirth" Konzert, bei dem auch die ehemaligen Bandmember anwesend sein werden, wird mit dem "Globalis Symphonic Orchestra" unter der musikalischen Leitung von ULF WADENBRANDT auf der großen Stadionbühne Live in Moskau gebührend gefeiert.

Hallo Ulf. Lass uns mal in Deiner Jugend starten. Du wolltest Schlagzeuger werden, weil Dein Vater und Bruder auch Drummer sind. Eigentlich eine nachvollziehbare Geschichte, dass die Kinder in die Fußstapfen der Eltern treten. Kannst Du Dich noch daran erinnern, wann Du zum ersten Mal für Dich selbst entschieden hast Drummer zu werden?

Ja, ich entschied mich, als ich zwölf Jahre alt war. Wir gründeten später eine Schulband und spielten jedes Wochenende zwei Konzerte, das war so ne Art Tanzmusik. Wir haben auch in der Schule gespielt, um an Gigis zu kommen, wir spielten auf Hochzeiten, Geburtstagen, Tanzclubs... überall. In dieser Zeit verdiente ich auch mein erstes Geld.

Beruflich hast Du den Platz auf der Bühne dann aber gewechselt und bist Dirigent geworden. Wie kam das?

Ich kann ich mich nicht mehr genau erinnern, wann ich vom Drummer zum Dirigent gewechselt habe, das ging alles Hand in Hand während des Drum- und Percussion-Spielens. Ich studierte an der Universität in Ingesund, Schweden, Percussion und nahm auch am Unterricht für Dirigenten teil. Zur gleichen Zeit arbeitete ich in einer Band als professioneller Schlagzeuger und in einem Symphonie Orchester und unterrichtete auch Studenten. Es war eine wirklich wundervolle Zeit mit einer Menge cooler Aufgaben! Wenn der Dirigent krank wurde, musste ich während der Proben und auch bei Konzerten einspringen, danach war ich gefangen, es begann zu wachsen, und jetzt ist es mein Job.

Ein interessanter Werdegang. Jetzt bist Du einer der bekanntesten Dirigenten in Europa. Wohin führte Dich Dein Weg nach dem Studium?

Ja, ich bin einer von vielen guten Dirigenten. Aber ich denke, mein Stil ist einzigartig! Ich begann, viel mit Schülern zu arbeiten, sie gaben mir viel Energie. Ich dirigierte viele junge ambitionierte Orchester und liebe es noch immer, das hält mich jung und frisch in meinem Denken... Mittlerweile arbeite ich mit zehn verschiedenen Orchestern in ganz Schweden und auch mit meinem eigenen, dem "Schweden Symphonie Orchestra". Die Arbeit mit einen professionellen Orchester und zugleich mit Studenten ist eine fantastische Kombination.

Hoppla! Zehn verschiedene Orchester! Erzähl mir mehr über das "Schweden Symphonie Orchestra".

Ich habe dieses Orchester genau nach meinem Gefühl für Musik mit guten Musikern zusammengestellt. Talentiert, ambitioniert und verrückt müssen sie sein, um mit mir zusammen auf der Bühne zu explodieren. Egal ob wir Klassik spielen, Pop oder Rock. Es ist für mich sehr, sehr wichtig, dass wir auch abseits der Bühne z.B. im Tour-Bus Spaß zusammen haben, das macht letztendlich ein gutes Team aus.

Warum hast Du Dich entschieden, kein reiner klassischer Dirigent zu sein? Wie und warum hast Du angefangen, orchestrale Versionen bekannter Pop- und Rocksongs zu machen, und wie hast Du Deinen eigenen Stil als Dirigent gefunden?

Wie Du weißt, hab ich als Rock-Drummer angefangen, und das hat sich nie geändert! Selbst nicht, als ich klassische Musik studierte. Ich liebe alle Arten von Musik, ich höre alle Arten von guter Musik, und natürlich möchte ich mit allen Arten von Musik arbeiten. Je offener ich der Musik gegenüber bin, umso besser bin ich als Dirigent. Das formte mich und treibt mich die ganze Zeit an, neue Styles auszuprobieren, mit neuen Musikern, mit neuem Publikum. Kürzlich haben wir die "Rhapsody in Rock"-Tour mit 27 Konzerten zusammen mit dem "King of Piano" ROBERT WELLS gespielt, es war wirklich einmalig!

Das war ja nicht Eure erste Begegnung, wie und wann begann Eure Zusammenarbeit?

Ich glaube, wir trafen und unterhielten uns auf einer großen Musik Messe in Göteborg 1999. Wir beschlossen da, was zusammen zu machen. Zwei Jahre nach dem ich mit E-TYPE das erste Mal gearbeitet hatte, legten Robert und ich los. Wir spielten einige ausverkaufte Konzerte mit meinem früheren Symphonie Orchester "Sundal Rock Orchestra". Wir mochten einander von Anfang an, wir sprechen dieselbe musikalische Sprache. Heute bin ich sein Chef-Dirigent in "Rhapsody in Rock". Robert ist ein fantastischer Musiker, ich liebe es, mit ihm zu arbeiten!

Nochmal zurück zu Deinem SSO. Habt Ihr ein festes Repertoire?

Wir haben viele verschiedene Repertoires. Wir spielen eine Menge populärer Musik, viel Filmmusik und natürlich auch die klassische Musik. Wenn wir als Orchester gebucht werden, spielen wir das Repertoire des Künstlers. Wenn wir eigene Konzerte haben, spielen wir, was wir und das Publikum wollen.

Hast Du auch Deine eigene Musik, ich meine eigens komponierte Songs?

Um ehrlich zu sein, ist es schon eine Ewigkeit her, dass ich meine eigene Musik komponierte. Heutzutage habe ich keine Zeit dafür. Ich arbeite jeden Tag mit so vielen guten Musikern zusammen und fühle mich richtig wohl damit. Vielleicht eines Tages, wenn ich ein bisschen älter bin und nicht mehr so hart arbeite wie jetzt, werde ich wieder damit anfangen. Dafür habe ich drei Musikbücher für Drummer geschrieben! Für jene, die wirklich gut werden wollen, mit vielen guten Übungen und coolen Grooves. (grinst)

Da schau an.... Du hast auch eine eigene Musik-Schule, richtig?

Ich arbeite an der schwedischen Musikhochschule N3 in Trollhätan. Ich habe N3 mit zum Leben erweckt. Zwölf Jahre lang war ich Chef der Schule, aber heute arbeite ich dort mit dem "N3 Symphonie Orchestra" als Dirigent und unterrichte Percussion Schüler zweimal die Woche. Ich bin so viel unterwegs, dass ich keine Zeit mehr habe, Chef dort zu sein. 2012 erhielt ich sogar den "Preis der Kreativität" von der Stadt Trollhättan für meine Arbeit an N3 als Dirigent und Chef für N3.

Auf der Künstlerliste Deiner Web-Site gibt es viele große Namen - LOREEN, BOBBY KIMBALL, ELENA PAPARIZOU, E-TYPE, AGNES CARLSSON, SUSAN BOYLE... Findest Du die Künstler oder finden die Künstler Dich? Und was war die großartigste Zusammenarbeit in Deiner Karriere?

Ich denke, wir haben uns gegenseitig gefunden. Manchmal bekomme ich einen Anruf und manchmal sage ich "Hey guy's, wir sollten was Cooles zusammen machen". Ich denke, bei Pop- und Rock war es E-TYPE. Ich liebe es, mit diesem tollen Kerl auf der Bühne zu stehen, der genauso verrückt ist wie ich. Natürlich ist ROBERT WELLS und "Rhapsody in Rock" wirklich großartig und macht Spaß.

Jetzt im Oktober hast Du ein großes Konzert, das dem Eurovision Song Contest gewidmet wird...

Stimmt. Wir feiern 60. Jahrestag des ESC. Wir werden mit SSO und vier großen schwedischen Sängern/innen, Jan Johansen, Sara Löfgren, Magnus Bäcklund und Annli Axon, alle großen schwedischen Hits der letzten Jahre spielen und auch einige weitere schwedische Eurovision Gewinner-Songs, wie "Take Me To Your Heaven", "Hero", "Diggi Loo Digiley", "Främling" performen.

Wessen Idee war es, diese Show zu machen?

Es war meine und die eines Orchesterleiters. In der Vergangenheit gab es immer ein echtes Symphonieorchester beim ESC, das kommt jetzt wieder. Wir brauchen echte Musiker kein "playback oder singback"!

Was denkst Du über den Eurovision Song Contest? Hast Du ihn jedes Jahr mitverfolgt und glaubst Du, dass es populärer Musik hilft zu wachsen, oder behindert dieser eher die Entwicklung?

Meine Kinder schauen ihn, oder wir schauen zusammen, wenn ich keine Konzerte habe. Das eine Jahr ist er gut, das andere weniger. Vieles klingt mir oft zu gleich. Aber ein paar gute Songs gibt es eigentlich immer. Ich denke, es kann einem neuen Künstler helfen, rauszukommen, aber es kann auch zu einem Problem werden, wenn der Künstler nach dem einen Hit Song weiter an der Spitze bleiben will. Dem Druck muss man erstmal gewachsen sein.

Absolut... Wer ist Dein Lieblings Eurovisions-Sieger und was war gut für die Show?

Dieses Jahres war der schwedischen Sieger mit "Hero" klar mein Favorit. Was die Show betrifft, waren damals LORDI der Knaller. Den norwegischen Sieger vor einigen Jahren, ALEXANDER RYBAKK und seinen Song "Fairytale" fand ich auch spitze!

Im November wirst Du erstmalig eine sogar für Dich ungewöhnliche Show mit der russischen Heavy Metal Legende ARIA performen. Hattest Du vorher schon von ARIA gehört, bevor Du eingeladen wurdest, die Show mit ihnen zu spielen?

Ja, das Konzert wird am 29. November sein und mir sicher eine besondere Erinnerung für den Rest meines Lebens sein. Ich freue mich sehr darauf! Ich kannte die Band vorher nicht wirklich, aber nachdem ich mich informiert habe verstehe ich auch, warum sie in Russland so groß sind. Die Musik ist toll! Jetzt höre ich sie jeden Tag, um in die richtige Stimmung vor dem Konzert zu kommen.

Soweit ich weiß, wird es Deine erste Zusammenarbeit mit einer Heavy Metal-Band sein. Wie fühlst Du Dich dabei und was erwartest Du von der Show, vom Publikum?

Ahhh, ja! Meine Gefühle... es wird natürlich ein ganz anderes Publikum und eine ganz andere Art von Show als zum Beispiel ein klassisches Konzert sein! Ich fühle mich wie ein Tier in einem Käfig, ich fiebere dem entgegen. Ich bin mir sicher, ARIA-Fans werden das Konzert abfeiern, wir werden zusammen explodieren. Es wird fantastisch sein. Ich bekomme derzeit sogar E-Mails von klassischen Musikern, die mir schreiben, dass sie ARIA lieben, und falls ich noch Musiker im Orchester brauchen würde, wären sie sofort dabei. (grinst)

Das ist ja mal witzig! Wie denkst Du über Deine Zukunft? Klassik, Pop Rock und jetzt auch Heavy Metal. Warum glaubst Du, dass Cross-Over immer beliebter wird und viele Künstler aus dem Bereich Pop, Rock, Metal und sogar Black Metal mit Orchester spielen wollen?

Ich glaube, das ist erst der Anfang, es wird noch viel mehr Crossover-Musik mit Symphonie in der Zukunft geben! Ich denke, dass die verschiedenen Stile viel voneinander lernen können. Und in Schweden ist es auch ein "Überlebensding", was die klassische Musik angeht, weil die jungen Leute keine Klassik hören. Aber mit Cross-Over-Konzerten erreicht man neues Publikum und mehr Zuhörer in den Konzertsälen. Es ist gut für alle. Die Rocker lernen die klassische Musik kennen... und es ist auch gut für die Gesundheit. (lacht)

Na dann! Lass uns nochmal kurz zu Deiner Familie zurückkehren. Dein Bruder ist Schlagzeuger. Ist er ein Rock-Drummer?

Ja, er ist ein großer Rock-Schlagzeuger und Sänger, Bassist, Gitarrist und Pianist. Er kann einfach alles! Aber Schlagzeug ist sein erstes Instrument. Er ist Session-Musiker, Lehrer und ein cooler Typ!

Und soweit ich mich erinnere, spielen Deine beiden Töchter Geige... Warum haben sie dieses Instrument gewählt?

Ich denke, weil sie immer mit mir auf meinen Symphonie Konzerten waren, sie lieben Geige und Orchester-Sounds, es war ihre eigene Wahl. Aber sie spielen beide auch Drums. Das ist cool, aber auch gut für sie, um den Beat zu lernen.

Erwartest Du, dass sie beide professionelle Musiker werden?

Ja, ich denke schon.

Ist Deine Frau eigentlich auch Musikerin?

Meine Frau hört nur zu. Drei Musiker im Haus zu haben, ist auch genug, glaube ich. (lacht)

Interview: Natalia Stupnikova
Übersetzung & Text: Sylvie Hofer
Fotos: Per Jahnke, Ulf Wadenbrandt, Thomas Burmann, Natalia Stupnikova

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