POWERWOLF | ORDEN OGAN | CIVIL WAR
30.10.2015 | MusicHall, Geiselwind | Ticket: 30,00 EUR
Die Wolfsnächte-Tour von POWERWOLF machte an diesem Abend ihren fast schon traditionellen Stopp am letzten Freitag im Oktober in Geiselwind. Bereits im Vorfeld konnte das "Ausverkauft"-Schild an die Eingangspforte der MusicHall Strohofer genagelt werden. 1.500 Besucher waren gekommen, um an Europas größtem Autohof eine Metal-Messe mit ihren Heroes zu feiern.
Den Anfang machten die Schweden CIVIL WAR mit einem 40-Minuten-Set. Die ehemaligen SABATON-Recken um den ASTRAL DOORS-Frontmann Nils Patrik Johansson trafen den Nerv der Geiselwinder und konnten sehr gute Publikums-Reaktionen verbuchen. Klar, die Musik unterscheidet sich nur marginal vom Original, doch in Johansson haben CIVIL WAR den definitiv besseren Sänger in ihren Reihen. Der bessere Frontmann ist allerdings SABATON-Shouter Joakim Brodén. Johansson wirkte nicht zuletzt aufgrund seiner enormen Größe und der beengten Platzverhältnisse etwas tapsig. Warum SABATON sonst noch ein paar Ligen weiter oben spielen, ist die Konsequenz, mit der sie ihr Ding durchziehen. Bei CIVIL WAR dagegen steht Keyboarder Daniel Myhr zwar in Bürgerkriegs-Uniform auf der Bühne, trug aber ganz offen Jeans darunter.
Nach einer 20-minütigen Pause enterten die Andernacher ORDEN OGAN in ihren Mad Max-Outfits die Bühne. Offenbar ging es etwas überraschend los, denn Sänger Seeb Levermann vergaß den Haargummi zu öffnen, holte das aber schnell nach. Besonders Gitarrist Tobias Kersting und Bassist Spoony Löffler waren sehr agil und sichtlich über den großartigen Zuspruch erfreut. Die beiden grinsten und grinsten um die Wette. Das hätte auch Fronter Seeb öfter mal gut zu Gesicht gestanden, doch selbst bei seinen Animier-Spielchen wirkte er seltsam zurückhaltend. Mit etwas mehr Enthusiasmus wäre für ORDEN OGAN sicher noch das letzte Quäntchen mehr aus dem Abend herauszuholen gewesen. Die größten Ankommer waren "Fist Of Fate" und "To The End". Etwas ungläubige Blicke erntete Seeb, als er Geiselwind als das Ende der Welt bezeichnete, nur um dann schnell auf "Here At The End Of The World" überzuleiten. Großes Ärgernis war für mich der übermäßige Einsatz von Chor-Playback. Wenn drei Leute auf der Bühne die Lippen bewegen, man aber 1.000 Mann hört, wirkt der mittlerweile ja szeneweit gängige Einsatz von Chören aus der Dose doch arg übertrieben und unglaubwürdig. Für mich wirkten diese 45 Minuten länger als die 40 Minuten CIVIL WAR.
Um 21:50 Uhr war es endlich an der Zeit für die Wölfe. POWERWOLFs Bühnenaufbau war von einem hellen Vorhang verdeckt, der bei den ersten Tönen von "Blessed & Possessed" fiel. Geiselwind war sofort in Ekstase. "Coleus Sanctus", "Amen & Attack" - POWERWOLF machten erst mal keine Gefangenen und zeigten, wer hier die Kutte anhat. Ab dann ging Frontpriester Attila Dorn dazu über, nach jedem Song zu reden und das Publikum mit mal mehr oder weniger witzigen Geschichten und Mitmach-Spielchen zu unterhalten. Da wären 2-3 Songs mehr value for money gewesen. Aber zu POWERWOLF gehört diese Art der Unterhaltung einfach mittlerweile. "Resurrection By Erection" wurde zum Beispiel mit einer Geschichte eingeleitet, in deren Mittelpunkt ein Crew-Mitglied stand, das angeblich von einer Wespe "in sein Pippi" (Zitat Attila) gestochen wurde. Etwas mau war das Schlagzeug-Solo von Roel van Helden. Er spielte mehr oder weniger solo 2-3 Songs an (am Schluss klang der obligatorische "Painkiller" durch), verzichtete aber auf Animation der partyhungrigen 1.500 Wölfe. Besonders viele Zusatzmeilen sammelten die Gitarristen Matthew und Charles Greywolf, die im Stile von Flügelstürmern des FC Bayern laufend die Seiten wechselten und posten wie die Hölle. Attila überzeugte mit der besten Gesangsleistung, die ich bislang von ihm live hören durfte und Keyboarder Falk Maria Schlegel pendelte zwischen seinen beiden auf jeder Seite des Schlagzeugs aufgebauten Keyboards hin und her. Von welchem davon wohl der Bass abgespielt wurde, der bekanntermaßen bei POWERWOLF nicht live ist? Als Attila seine bekannte "Meine sehr verehrte Gemeinde"-Ansage anstimmte, war allen, die POWERWOLF schon mal live gesehen hatten, klar, dass nun mit "Lupus Dei" der letzte Song des regulären Sets auf dem Programm stand. Doch natürlich wollte Geiselwind mehr. Den Zugabenblock eröffneten die Wölfe mit ihrem Überhit "Sanctified With Dynamite", der von Flammenschalen auch optisch in Szene gesetzt wurde. Es folgten das - für mich völlig unverständlich - total abgefeierte "Kreuzfeuer" und als Abschluss "All We Need Is Blood".
Gegen 23.30 Uhr endete ein sehr unterhaltsames Konzert, das sicher niemanden enttäuscht haben dürfte. POWERWOLF sind und bleiben einfach eine Macht und es macht großen Spaß, den Saarländern zuzusehen. Diese Band ist noch lange nicht am Ende ihres Aufstiegs, von den Wölfen kann man noch viel erwarten. Den Biss haben sie noch lange nicht verloren.
Setlist POWERWOLF:
1. Blessed & Possessed | 2. Coleus Sanctus | 3. Amen & Attack | 4. Cardinal Sin | 5. Army Of The Wild | 6. Resurrection By Erection | 7. Armata Strigoi | 8. Drum-Solo | 9. Dead Boys Don´t Cry | 10. Let There Be Night | 11. Werewolves Of Armenia | 12. In The Name Of God | 13. We Drink Your Blood | 14. Lupus Dei
Encore: 15. Sanctified With Dynamite | 16. Kreuzfeuer | 17. All We Need Is Blood
Text & Fotos: Dr. Haag