Nein, Birdman oder (Die unverhoffte Macht der Ahnungslosigkeit) ist nicht die neueste Marvel- oder DC-Comic-Verfilmung. Es geht um den Schauspieler Riggan Thomson (Michael Keaton), der die Rolle von BIRDMAN in drei Filmen gespielt hat und danach künstlerisch wertvollere Filme drehen wollte. Er scheiterte und nun ist eine Broadway-Inszenierung der Kurzgeschichte "What We Talk About When We Talk About Love" seine letzte Hoffnung, doch noch als Künstler ernstgenommen zu werden und endlich nicht mehr die Fragen nach einem vierten Teil von BIRDMAN hören zu müssen. Als kurz vor der Premiere der wichtigste Nebendarsteller ausfällt, besetzen Thomson und sein Produzent Jake (Zach Galifianakis) die Rolle mit dem bekannten Broadway-Schauspieler Mike Shiner (Edward Norton). Der vermeintliche Glücksgriff stellt sich bald als Method-Acting-Psychopath heraus und treibt den labilen Riggan immer weiter in den Wahnsinn.

Wer bei BIRDMAN ODER (DIE UNVERHOFFTE MACHT DER AHNUNGSLOSIGKEIT) Parallelen zu Michael Keatons eigenem Karriere-Verlauf nach BATMAN und BATMANS RÜCKKEHR sieht, liegt sicher nicht ganz falsch. Doch nicht nur das macht Keaton zur Idealbesetzung für die Rolle von Riggan Thomson. Der Wahnsinn und die Selbstzweifel, die ihn plagen, wirken zu keiner Sekunde gespielt. Kein Wunder, dass Michael Keaton für diese Rolle den Golden Globe erhielt und für den Oscar nominiert war. Doch auch das weitere Ensemble, angeführt vom hervorragenden Edward Norton, macht BIRDMAN ODER (DIE UNVERHOFFTE MACHT DER AHNUNGSLOSIGKEIT) zu einem herausragenden Film, der schließlich den kleinen goldenen Academy Award als bester Film einheimsen konnte. Und noch einen mehr als verdienten Oscar gab es für die Kameraführung von Emmanuel Lubezki. Der Film wirkt, als hätte der Editor kaum Schnitte setzen müssen und die langen, kurvigen Kamerafahrten durch die Backstage-Katakomben des St. James Theater am Broadway hat man so noch nicht gesehen.

Schauspielerisch und filmtechnisch ein wahrlich ausgezeichneter Film!

Dr. Haag